Stellt ein Sozialversicherungsträger fest, dass es sich bei dem Auftragnehmer aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht um einen Selbstständigen handelt, muss der Auftraggeber keine Sozialabgaben für ihn entrichten.Der Auftragnehmer kann aber dennoch zur Kasse gebeten werden – als sog. arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger.Wenn Ihr Auftragnehmer die beiden folgenden Kriterien erfüllt, tritt automatisch Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein:
- Im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit wird regelmäßig kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig im Monat 400.00 EUR übersteigt.
- Der Auftragnehmer ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
Die Auslegung zu diesen beiden Kriterien entspricht den Ausführungen bei den Vermutungskriterien zur Scheinselbstständigkeit. Unter diese Versicherungspflicht können allerdings auch selbstständige Handelsvertreter fallen.
Der arbeitnehmerähnliche Selbstständige ist verpflichtet, seine Tätigkeit selbst beim Rentenversicherungsträger anzumelden und die Rentenversicherungsbeiträge in voller Höhe alleine zu tragen. (s. Beiträge für eine Pflichtversicherung)
Arbeitnehmerähnliche Selbstständige haben auch die Möglichkeit, sich von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreien zu lassen. Das Gesetz bietet hierzu drei verschiedene Möglichkeiten:
- Befristete Befreiung für Existenzgründer
- Dauerhafte Befreiung für ruhestandsnahe Selbstständige
- Dauerhafte Befreiung, wenn die selbstständige Tätigkeit vor dem 01.01.1999 aufgenommen wurde (Übergangsregelung)
Beschäftigung von Arbeitnehmern
Berücksichtigt werden alle versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, die im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Tätigkeit regelmäßig vom Auftragnehmer beschäftigt werden.
Beispiel: Eine im privaten Haushalt des Auftragnehmers eingestellte Putzhilfe, die monatlich 400 EUR von ihm erhält, zählt nicht als im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit beschäftigt. Setzt der Auftragnehmer sie jedoch auch zur Reinigung seiner Büroräume ein, wird sie als versicherungspflichtig Beschäftigte angesehen.
Das Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnissen muss regelmäßig die Verdienstgrenze von 400.00 EUR monatlich übersteigen. Entscheidend ist also nicht nur die Versicherungspflicht eines beschäftigten Arbeitnehmers, sondern auch die Höhe des aus dieser Beschäftigung erzielten Arbeitsentgelts.
Auszubildende zählen als versicherungspflichtige Arbeitnehmer mit; vorausgesetzt die Ausbildungsvergütung beträgt mehr als 400.00 EUR. Dies gilt auch für Praktikanten, selbst wenn diese versicherungsfrei sind. Entscheidend ist, ob die Entgeltgrenze von 400.00 EUR überschritten ist.
Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer sind versicherungsfrei und zählen deshalb nicht zu den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern. Dies gilt auch, wenn der geringfügig Beschäftigte des Auftragnehmers auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichtet hat. Beschäftigt der Auftragnehmer mehrere Arbeitnehmer mit geringen Entgelten, muss mindestens ein Arbeitnehmer mehr als 400.00 EUR verdienen. Die Entgelte aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen werden nicht zusammengerechnet.
Mit anderen Worten: Wird mindestens ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt, der mehr als 400.00 EUR verdient, so ist dieses Merkmal grundsätzlich nicht erfüllt.
Die Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch den Auftragnehmer muss regelmäßig erfolgen. Hiervon ist auszugehen, wenn der Auftragnehmer Monat für Monat Arbeitnehmer – befristet oder unbefristet – beschäftigt. Die kurzfristige oder nur gelegentliche Beschäftigung eines Arbeitnehmers reicht nicht aus. Unterbrechungen von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres sind als unschädlich anzusehen.
Bindung an einen Auftraggeber
Anhaltspunkt für die Bindung an einen Auftraggeber ist eine vertraglich vereinbarte Ausschließlichkeitsbindung, die sich im Wesentlichen auf alle Tätigkeitsfelder des Betroffenen erstreckt.
Anders verhält es sich, wenn die Ausschließlichkeitsbindung dem Betroffenen die Möglichkeit zu weiteren unternehmerischen Spielräumen nicht verschließt (Beispiel: Beschränkung auf einzelne Produkte oder auf einen Bezirk).An der Bindung für nur einen Auftraggeber ändert sich auch nichts, wenn die Erwerbsperson vertraglich berechtigt oder verpflichtet ist, die Produkte von Kooperationspartnern des Auftraggebers zu vermitteln. Entscheidend ist, ob der Betroffene mit den Kooperationspartnern eine eigene Vereinbarung getroffen hat.
Beispiel: Jan Meier ist selbstständiger Finanzdienstleister. In dieser Tätigkeit vermittelt er für die Mehr-Geld GmbH Versicherungsverträge zu 20 verschiedenen Versicherungsunternehmen. Die Vermittlung zu diesen Versicherungsunternehmen erfolgt aufgrund von Kooperationsverträgen, die die Mehr-Geld GmbH mit den jeweiligen Unternehmen abgeschlossen hat. Da Jan Meier diese Kooperationsverträge nicht selbst abgeschlossen hat, ist sein einziger Auftraggeber die Mehr-Geld GmbH. Das Kriterium „Bindung an einen Auftraggeber“ ist daher erfüllt.
Ein Erwerbstätiger arbeitet auch dann für einen Auftraggeber, wenn er vertragliche Vereinbarungen mit mehreren Unternehmen getroffen hat, diese aber Konzernunternehmen oder verbundene Unternehmen darstellen.
Ob ein Betroffener zwar nicht ausschließlich, aber im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, kann nur mittels einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beurteilt werden. Es ist nicht entscheidend, ob der Betroffene sich auch an andere Auftraggeber binden kann, sondern ob er wirtschaftlich überwiegend von einem Auftraggeber abhängig ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass dem betroffenen Erwerbstätigen noch ein wirtschaftlicher Spielraum für andere unternehmerische Betätigungen verbleibt, wenn er innerhalb eines Kalenderjahres nicht mehr als 5/6 seiner gesamten Einkünfte allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber bezieht.
Beispiel: Ludmilla Ludjanskaja ist als freiberufliche Übersetzerin für die Import-Export KG tätig, die viele Geschäfte in Weißrussland und der Ukraine tätigt. Von dieser Firma erhält sie Honorare von insgesamt ca. 24.000 € jährlich. Darüber tritt sie für eine Rechtsanwaltskanzlei, die sich auf die Vertretung von russischen Übersiedlern spezialisiert hat, als Übersetzerin auf. Diese Tätigkeit wird mit ca. 6.000 € im Jahr honoriert. Insgesamt hat Frau Ludjanskaja ein Jahreseinkommen von ca. 30.000 €. 5/6 hiervon betragen 25.000 €. Da die Honorare der Import-Export KG diesen Betrag nicht überschreiten, ist sie nicht überwiegend für einen Auftraggeber tätig.
Eine dauerhafte Auftragstätigkeit für einen Auftraggeber liegt vor, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragsverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt. Im Gegensatz dazu liegen dauerhafte Tätigkeiten für mehrere Auftraggeber auch vor, wenn der Auftragnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums nacheinander für verschiedene Auftraggeber tätig ist; nicht jedoch, wenn sich zeitlich begrenzte Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber regelmäßig wiederholen.
Bei einer im Voraus begrenzten, lediglich vorübergehenden Tätigkeit für nur einen Auftraggeber wird die Dauerhaftigkeit dieser Tätigkeit zu verneinen sein, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt; im Einzelfall kann auch bei einem längeren Zeitraum keine dauerhafte Tätigkeit nur für einen Auftraggeber vorliegen. Entscheidend ist hier eine vorausschauende Betrachtung im Zeitpunkt der Auftragsannahme. Dies gilt insbesondere bei Existenzgründern. Sie müssen nachweisen, dass ihre Unternehmenskonzeption auf die Zusammenarbeit mit mehreren Auftraggebern ausgerichtet ist.
Beispiel: Der Techniker Klaus Kunze war Prüfer beim Technischen Überwachungsverein. Seine hohe Kompetenz in diesem Bereich veranlassten ihn, sich als Gutachter selbstständig zu machen. Mit der Kfz-Werkstatt Schrott & Blech fand er auch einen ersten Auftragnehmer. Er übernahm für diese Werkstatt im Rahmen eines langfristigen Kooperationsvertrages die Begutachtung von Unfallwagen. Der Rahmenvertrag war so ausgestaltet, dass Herrn Kunze genügend Zeit für andere Auftraggeber verblieb. Durch eine breit angelegte Werbekampagne machte Herr Kunze auf sich aufmerksam. Seine im Business-Plan belegte Strategie war darauf ausgerichtet, in den nächsten zwei Jahren insgesamt fünf Auftraggeber zu finden, für die er Gutachten erstellen kann. Das Kriterium ‚Bindung an einen Auftraggeber‘ ist nicht erfüllt, auch wenn Herr Kunz vorerst nur für die Fa Schrott & Blech tätig ist.
Befristete Befreiung für Existenzgründer
Existenzgründer, die zunächst einmal als Selbstständige mit einem Auftraggeber versicherungspflichtig werden, können sich befristet für die ersten drei Jahre nach erstmaliger Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit von der Beitragszahlung befreien lassen.
Diese Befreiungsmöglichkeit ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft.Die drei Jahre kann der Auftragnehmer dazu nutzen, um die finanziellen Mittel in den Aufbau des Betriebes zu stecken und weitere Auftraggeber zu finden oder jemanden einzustellen. Gelingt dieses, tritt nach Ablauf der drei Jahre keine Versicherungspflicht mehr ein, da der Auftragnehmer dann nicht mehr zu dem Personenkreis der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen gehört.
Gelingt dies nicht, müssen nach den drei Jahren Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden.
Die befristete Befreiung ist noch ein zweites Mal möglich, wenn der erste Versuch des Auftragnehmers, sich selbstständig zu machen, wieder aufgegeben wurde. Allerdings muss es sich dann um eine andere Tätigkeit handeln. Die Aufnahme einer „neuen“ selbstständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbstständige Existenz lediglich umbenannt oder der Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.
Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Existenzgründer muss innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt werden, damit die Befreiung auch von Beginn an wirkt. Wird der Antrag erst später gestellt, ist eine Befreiung erst ab dem Tag möglich, an dem der Befreiungsantrag bei der BfA eingeht. In diesem Falle sind von dem Beginn der Versicherungspflicht bis zum Beginn der Befreiung Pflichtbeiträge zu zahlen.
Befreiung für ruhestandsnahe Selbstständige
Wer ab seinem 58. Geburtstag erstmals als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger versicherungspflichtig wird, kann sich auf Dauer für diese Tätigkeit befreien lassen. Die selbstständige Tätigkeit muss bereits vor dem 58. Geburtstag aufgenommen worden sein.Diese Befreiungsmöglichkeit dient dazu, älteren Selbstständigen die Phase des altersbedingten Übergangs aus einer selbstständigen Tätigkeit in die Nichterwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die Betroffenen, die in der Regel eine Altersversorgung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung besitzen, sollen diese weiter bezahlen können.
Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als ruhestandsnaher Selbstständiger muss innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt werden, damit die Befreiung auch von Beginn an wirkt. Wird der Antrag erst später gestellt, ist eine Befreiung erst ab dem Tag möglich, an dem der Befreiungsantrag bei dem DRV Bund eingeht. In diesem Falle sind von dem Beginn der Versicherungspflicht bis zum Beginn der Befreiung Pflichtbeiträge zu zahlen.
Befreiung bei Aufnahme der Tätigkeit vor dem 01.01.1999 (Übergangsrecht)
Einen Befreiungsantrag können auch arbeitnehmerähnliche Selbstständige stellen, die ihre Tätigkeit vor dem 01.01.1999 aufgenommen haben und
- entweder vor dem 02.01.1949 geboren sind oder
- vor dem 10.12.1998 private Altersvorsorge betrieben haben, die in Art und Umfang der gesetzlichen Altersvorsorge entspricht (z.B. Versicherungsverträge, Sparpläne, Vermögen, Immobilien oder vermögenswerte Rechte).
Der Befreiungsantrag für diesen Personenkreis ist innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht (z.B. weil kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer mehr beschäftigt wird) zu stellen. Wird diese Frist versäumt, ist eine Befreiung nicht mehr möglich.